Mittwoch, 22. März 2017

Tag 12 - Von Wiesbaden nach Altheim (10. März)

Gut erholt durch den freien Tag und mit positiver Stimmung wegen des Wetters sollte es nun von Wiesbaden nach Altheim weiter gehen. Ich hatte mir für diesen Tag eine sehr kurze Strecke herausgesucht, da ich weiteren Regen fürchtete und so wartete eine Strecke von nur 60 Kilometern auf mich. Bevor es los ging, kaufte ich beim REWE noch etwas Proviant. Dann verabschiedete ich mich und die Fahrt ging zum ersten Mal ohne Handschuhe los. 


Neben der Tatsache, dass ich nun mein Handy deutlich einfacherer bedienen konnte, genoss ich vor allen Dingen die Sonne, die mir ins Gesicht schien - der erste richtige Frühlingstag. Die ersten Kilometer begleitete mich ein wenig Musik, danach hörte ich die "Drei ???"-Folge "Der Mann ohne Augen". 



Als ich an einem Feldweg entlang fuhr, sprach mich ein älterer Mann an, der offenbar gerade vorhatte ein wenig Wasser abzulassen, sich dann aber dann doch für ein Gespräch mit mir entschied. Er erzählte mir, dass er im April 1986 mit dem Fahrrad unterwegs gewesen war - mit kurzer Radhose und Shirt - und erst später erfahren hatte, dass in Tschernobyl eine große Nuklearkatastrophe stattgefunden hatte. Ich fragte ihn, ob er denn noch an jeder Hand fünf Finger hätte und er versicherte mir, dass er keinen Schaden davongetragen hatte. Glück gehabt. 

Danach fuhr ich durch ein kleines Dörfchen, kaufte mir dort kurzentschlossen noch etwas mehr Proviant (eine Mohnschnecke), um den sowieso schon schönen Tag noch schöner zu machen. Ich entdeckte eine kleine Blumenwiese und fühlte mich ein weniger veräppelt, an der Nase herumgeführt, düpiert oder sogar verarscht. Denn war der geschichtsträchtige Tag 10 meiner Reise so schrecklich gewesen (bis ca. 17 Uhr), so war dieser Tag unfassbar schön. So viel Schönheit, dass sie für eine Woche gereicht hätte. Hinzu kam, dass ich zu früh aufgebrochen war und so ganz langsam fahren und jeden Meter genießen konnte. Einzig die Pfützen auf dem Weg erinnerten mich an den verregneten vorgestrigen Tag.

Eine Weile fuhr ich an einem kleinen Bach vorbei, dann ging es durch einen Waldweg und durch eine weitere kleine Stadt. Ich war noch nicht weit gefahren, doch fand, dass es Zeit für eine weitere Pause war. Das "Drei ???" - Hörspiel war ausgehört und so fand das niegelnagelneue Filmhörspiel von "Die Schöne und das Biest" den Weg von meinem Handy in meine Kopfhörer bis in meine Ohren. So saß ich da auf der Bank, aß die Mohnschnecke und sah anderen Radfahrern und Wanderern zu, die mir zusahen, wie ich mein Leben genoss. 

An Feldern vorbei mit dem blauen Himmel über mir ging es nun an Pferden vorbei und durch ein Waldstück, dass dann doch ziemlich anstrengend war, denn der Weg war voll mit Stöckern und Steinchen und Wurzeln und Blättern und Zeugs. Ich vermisste die Federung meines alten Fahrrads und spürte jedes Stöckchen, jedes Steinchen, jede Wurzel, eher weniger Blätter, aber dafür viel Zeugs. Dafür hörte ich ein weitere Folge der "Drei ???", nämlich "Der letzte Song". Kurz vor meinem Ziel war alles perfekt ich fuhr die Straßen durch das kleine Städtchen Altheim, doch dann...

...wurde es noch besser. Da denkt man über eine Woche lang, dass ein besserer Gastgeber nicht möglich wäre und es wird immer besser. Über die App "Warmshowers" hatte ich eine Übernachtungsmöglichkeit bei Anna und Raphael gefunden. Anna zeigte mir das Zimmer, das ich ganz für mich hatte, weil die Mitbewohnerin, die dort eigentlich wohnt gerade nicht vor Ort war. Danach erzählte sie mir von ihrer Reise und wir kochten uns noch etwas zu essen. Gegen 20 Uhr gingen wieder dann in das "Arthouse", das nur ein paar Häuser entfernt war, dort fand ein Spieleabend statt und Anna und Raphael hatten mich eingeladen mitzukommen. Die Runde war sonst wohl etwas kleiner, doch an dem Abend waren wir 10 Personen und spielten erst ein Spiel in der großen Gruppe gemeinsam (den Namen des Spiels habe ich allerdings vergessen), danach "6 nimmt" (erstaunlicherweise habe ich da sogar gewonnen) und teilten uns danach in zwei Gruppen auf. Mit Raphael, Jan und Georg spielte ich dann "Kuhhandel" und verlor selbstverständlich. Dieser Spieleabend konnte die herrliche Fahrt am Tag sogar noch toppen. Nette Menschen, nette Gespräche, ein bisschen was zu trinken und ein gutes Spiel - mehr braucht es eigentlich nicht. 




Und obwohl ich sonst ewig brauche, um einzuschlafen, legte ich mich hin und war sofort im Land der Träume verschwunden.       

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