Dienstag, 13. Juni 2017

Tag 78 - Von Ulm nach Kornwestheim (15. Mai)

Am Morgen sah das Wetter schon deutlich besser aus, als noch am Nachmittag zuvor. Das Frühstück war inklusive und sogar sehr lecker, für die etwas längere Fahrt nach Kornwestheim (in der Nähe von Stuttgart) wollte ich aber noch etwas Proviant einkaufen. Zum Glück befand sich der nächste Bäcker keine 100 Meter vom Hotel entfernt. So hatte ich schnell alle Sachen zusammen und machte mich um 09 Uhr auf den Weg, denn ich hatte über 100 Kilometer vor mir. 
 
Es dauerte nicht lange und ich hatte Ulm endlich verlassen, nicht weil ich die Stadt nicht schön gefunden hätte, sondern weil mich die vielen Ampeln in Großstädten als Radfahrer sehr nerven. Ich freute mich darüber, dass ich nun ein paar Kilometer geradeaus auf einer wenig befahrenen Straße mit viel Wald drumherum vor mir hatte, doch meine Freude wurde sehr schnell gedämpft, als ich sah, dass der Weg anscheinend gesperrt war. Ein Blick auf mein Navi bestätigte meinen Verdacht, dass ein Umweg mit einigen zusätzlichen Kilometern verbunden war und so fuhr ich erst einmal weiter in der Hoffnung irgendwie doch weiterzukommen.
 
Nach einem kurzen Gespräch mit zwei Radfahrerinnen wich ich auf einen Waldweg aus, der etwa 100 Meter entfernt parallel an der Straße entlängs führte - durch die Baustelle konnte man als Radfahrer anscheinend nicht gut durchkommen. So konnte ich die Ruhe und Natur noch viel mehr genießen. Nur zwei Läufer habe ich auf diesem abgeschiedenen Weg gesehen. Ich nutzte die Ruhe um ein Filmhörspiel zu hören. Dieses Mal entschied ich mich für etwas Witzigeres: "Rapunzel - Neu verföhnt".
 
Weiter ging es unter einem wolkigen Himmel an vielen weiten Feldern vorbei. Nun hörte ich wieder ein paar motivierende Lieder, um schneller voranzukommen, denn einige Kilometer hatte ich noch vor mir. Ich suchte wieder nach einer Bank für eine Pause und wurde in einer kleinen Stadt in der Nähe eines Kindergartens fündig. Ich genoss die ruhige entspannte Pause, bis wenige Minuten später die ersten Mütter kamen, um ihre Kinder abzuholen. Dieser Strom an Müttern und quengelnden Kindern riss nicht ab und so fuhr ich weiter.
 
Weiter ging es in einen wunderschönen Wald. Die Mittagssonne schien durch die grünen Blätter und alles sah wunderschön aus, bis eine Absperrung auf meinem Weg auftauchte, auf der es hieß: "Gesperrt - Lebensgefahr durch Steinschlag und Felsabbrüche". Ein kleineres Schild daneben verriet, dass immerhin der Fußweg zum Wasserfall frei sei. Ich hatte keine Ahnung, wo genau sich dieser Wasserfall befinden würde, wusste aber, dass dies der einzige Weg war, wollte ich nicht einen riesengroßen Umweg fahren und das wollte ich ganz bestimmt nicht. 
 
Es dauerte nicht lange, bis ich an die nächste Absperrung mit der gleichen Aufschrift kam. Wohl oder übel musste ich mit meinem Fahrrad jetzt auf dem schmalen, steilen und steinigen Fußgängerweg weiterfahren, der in die gleiche Richtung führte. Eigentlich hatte ich mich auf diese Strecke gefreut, schließlich ging es nun endlich wieder bergab, aber so musste ich entweder ganz langsam mit angezogener Bremse fahren oder das Fahrrad schieben. Lediglich der Podcast "Gästeliste Geisterbahn", den ich dabei hörte, heiterte mich etwas auf. Außerdem brachte es ja gar nichts sich aufzuregen, da es zu diesem Weg gar keine Alternativen gab.
 
Dafür wurde ich kurz danach belohnt, denn der besagte Wasserfall tauchte auf und davor noch eine Brücke, die über einen Bach führte, der sich von ganz oben herunterschlängelte. Diese schöne Kulisse nutzte ich, um ein paar Fotos zu machen. 
 
Danach hatte ich noch einen schönen Ausblick auf den Wasserfall und fuhr motiviert weiter, da ich dachte, dass ich diesen Weg nun ohne Probleme weiterfahren könnte, doch leider tauchte ein paar Meter später eine weitere, dritte Absperrung auf. Wieder sah ich mich auf dem Handy nach anderen Wegen um, doch wusste auch, dass ich den gesamten schmalen, steinigen Weg, der schon beim Herunterfahren anstrengend war, wieder hätte hochfahren müssen bzw. eher schieben. Auf der anderen Seite hatte ich nicht Lust mitten im Nirgendwo von einem Stein getroffen zu werden. Ich war am Überlegen, als ein junger Radfahrer den abgesperrten Weg heruntergefahren kam. Er versicherte mir, dass er den Weg schon oft gefahren sei und ihn bisher kein Stein getroffen hätte. So beschloss ich gut aufzupassen und diese Passage schnell hinter mich zu bringen. 
 
Ein mulmiges Gefühl hatte ich dann doch und war sehr froh, als ich auf einer normalen Straße landete. Ein wenig ging es nun auch noch bergab und ich war froh all die Absperrungen durch Baustelle oder Steinschlag hinter mir gelassen zu haben, als die nächste vor mir auftauchte. Und diese befand sich vor einer Brücke, die über eine Autobahn führte. Eine weitere Brücke war weit und breit nicht zu sehen. Ich war gerade total am verzweifeln, als zwei Bauarbeiter vorbeifuhren, die ich nach einer Alternative fragte. Diese sagten mir, dass ich mit einem kleinen Umweg auf die Brücke kommen würde und diese nur für Autos gesperrt sei. 
 
Nach all den Strapazen machte ich eine wohlverdiente Pause vor einer Kleinstadt. Ich hörte den Podcast "Kino+" und telefonierte noch kurz mit meinem Papa. Danach ging es durch Stuttgart, was natürlich wieder etwas nervig war, da das Durchfahren dieser Großstadt mit zahlreichen roten Ampeln verbunden war. Dafür konnte ich einen ersten sehr positiven Eindruck von der Stadt gewinnen.
 
Um circa 17:30 kam ich dann bei Ingeborg und Dieter in Kornwestheim an. Ingeborg ist die beste Freundin von meinem verstorbenen Opa und mein Vater telefoniert hin und wieder mit ihr. Da ich für den 21. Mai ein Ticket für das "Harry Potter"-Theaterstück in London hatte, brauchte ich einen Platz, wo ich mein Fahrrad unterstellen konnte. Da fiel meinem Vater Ingeborg ein, die in der Nähe von Stuttgart wohnt. Obwohl Ingeborg und Dieter gerade erst eine längere Reise hinter sich und mit dem Jetlag zu kämpfen hatten, wurde ich sehr nett empfangen. Ich hatte mein eigenes Zimmer und konnte mein Fahrrad im Keller sicher verstauen. Nach dem Abendbrot und einem Telefonat mit meinen Eltern ging es dann auch schon ins Bett.

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